Zwakkelmanns SHIT‘SINGLE

Foto von Marion H.

Bücher von Menschen zu besprechen, zu denen man ein besonderes Verhältnis hat, ist immer eine etwas gefährliche Sache: Einerseits ist die Gefahr einer Gefälligkeitsbesprechung im Raum, andererseits bin ich persönlich bei der Bewertung von Büchern, die im Freundeskreis geschrieben werden, etwas überkritisch. Das möchte ich dann Zuweilen etwas sprachlich schönen, damit es nicht zu weh tut.

Diesmal ist es aber ganz leicht, denn ich bin schlichtweg sehr angetan von Schlaffkes autobiografischem Buch. Im Titel ist es schon angelegt: Einerseits geht es um die musikalische Seite, die Single und dann um Schlaffke als (unfreiwilliger!!!) Single. Und auf dem Buchrücken wird das Spiel sogar noch weiter getrieben, denn dieses Leben kann sowohl Hit als auch Shit sein. Diese kleinen Feinheiten sind es, die den Künstler Zwakkelmann und Menschen Schlaffke ausmachen. Im Untertitel stapelt er tief, indem er von „Anekdoten eines Vollidioten“ spricht und fängt so den unbefangenen Leser. Es gibt tatsächlich zahlreiche kleine Geschichten vom Leben in der Provinz und abseits der großen Festivalbühnen. Mittelpunkt ist das niederrheinische Haminkeln, dem Ort zwischen Bauerndorf und Einfamilienreihenhausghetto, dem eigentlich kaum etwas Schönes zugeschrieben wird. Zahlreiche sympathische Spinner begegnen unserem Helden, deren Leben zwar oft nicht glamourös ist, aber denen eine erzählenswerte Eigenart zueigen ist. Interessanterweise sind beinahe alle Namen geändert, obwohl der Held selbst sich die schlimmsten Aussetzer leistet, aber durch die stete Einsamkeit, die wie Satrés Ekel omnipräsent ist, entschuldigt wird.

So könnten diese kleinen abgeschlossenen Erzählungen auch „Reflexionen aus einem unerfüllten Leben“ genannt werden. Über all dem lustvoll erzählten Versagen steht stets die Suche nach einer erfüllten Liebe. Dabei muss Schlaffke echt einiges ertragen. Vielleicht schreibt er das Buch darum durchgehend in der dritten Person. Vielleicht ist es diese Distanz, die zum Selbstschutz gebraucht wird, denn teilweise geht es echt ins Eingemachte, wenn beispielsweise die Geschichte vom tödlich verunglückten kleinen Bruder Friedemann plötzlich den lockeren Ton ad absurdum führt. Dann muss ich das Buch auch mal zur Seite legen und es kurz sacken lassen. Das wusste ich nicht, gehört aber zu dem Psychogramm, das hier gezeichnet wird. Als Zwakkelmann lebt Schlaffke das Leben als Bukowskis Lightversion. Nicht so hart, nicht so böse und nicht so konsequent. Immer mutig schreitet er voran und seine Gutmütigkeit steht ihm im Weg. Aber sein Weg wird von gerade genug Menschen gesäumt, die ihn genau dafür lieben. Und obwohl das Überthema „Liebenswerter Versager“ mantramäßig wiederholt wird, wird es nie langweilig, soviel über sein Leben und auch die Bezüge zu seinen Liedtexten zu erfahren. Mensch und Künstler sind halt hier nicht zu trennen.

SHITSINGLE ist ein Buch über das Jungsein, das Altern und im Hier und jetzt zu sein. Die Coronakrise ist hier Ausgangspunkt der Erzählung und passt auch zu Schlaffkes Ecce Homo. Passend dazu ist auch das vorläufige Happy End auf dem Ruhrpott Rodeo.

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