KARIES – Wie man im COVID-Zeitalter ein Album macht

Kreativstandort Deutschland

Du hast in der Mail vorab erwähnt, dass ihr euch “mit Projektmanagement und Förderungsgedöns herumschlagen müsst.” Ist das so ein Neu Start Kultur – Ding? Töpfe voller Geld?

Ja genau, über die Initiative Musik. Dieses Müssen ist natürlich selbstauferlegt. Wir haben uns dazu entschieden, das zu müssen und uns das selber eingebrockt. Ich war da ja eigentlich zuerst total dagegen sowas zu machen, staatliche Förderung, ungeiler, unsexier, geht es ja eigentlich nicht und in mir hat sich vieles gesträubt. Was dem widerrum entgegen stand, war die andere, genauso ungeile Position, in prekärer Lage diesen “Arm aber Sexy” – Quatsch nochmals zu machen.  Wir hatten und haben kein Fetzen Geld mehr auf dem Konto,  eigentlich in den Miesen, weil noch verschuldet von der letzten Produktion. Und das noch über Konzerte reinzuspielen, war natürlich auch nicht mehr drin. Auch das war einfach eine beschissene Situation und ein viertes Album aus eigenen Mitteln eigentlich überhaupt nicht mehr zu machen, ohne auch andere wieder in so ein finanzielles Ausbeutungsding reinzuziehen, wie bei unserer ersten Platte, für die wir 150 Euro gezahlt haben. Dann hat sich bei mir dann doch die ökonomische Denke gegen die idealistische, die auch irgendwie eine egoistische Haltung ist, durchgesetzt. Andere Leute fair bezahlen zu können, ist dann auch erstmal ein gutes Argument, zumal wir da nun ja auch wieder mit Leuten aus dem engeren Umfeld zusammengearbeitet haben.  Aber da sind wir dann auch schon wieder beim nächsten Punkt: Denn, das ist das Lustige an diesem “Initiative Musik Neustart Kultur” – Ding: Das ist eine Wirtschaftsförderung. Denn da verfügst du dann über Geldtöpfe, das Geld musst du dann aber in den Kreativmarkt pumpen, also heißt, wir können Leute für Ihre Arbeit bezahlen, also den Produzenten, die Leute, die das Artwork machen, die Promo, etc. pp, die Leute, die wir eben beauftragt haben, für uns was für die Platte zu machen. Wir selber, die die Musik schreiben und das Projekt managen, wir verdienen auch hier eigentlich nichts. Einen kleinen Anteil kann man sich schon über Umwege dann doch irgendwie ausbezahlen, wenn du dich mal soweit eingearbeitet hast in die Förderbedingungen und Möglichkeiten und durchcheckst. Und da komme ich dann irgendwie auch wieder nicht umhin, mich irgendwie verarscht zu fühlen und ich muss immer mehr den Kopf schütteln über mich selber, weil mir dieser hohe Grad an Selbstausbeutung und Selbstverarschung, der ja aus meinem eigenen Bedürfnis entsteht, mich musikalisch/küntlerisch auszudrücken, unter solchen Bedingungen, in denen du dich in unzähligen Widersprüchen bewegst, einfach immer grotesker erscheint.  

Wie muss man sich das in der Praxis vorstellen? Antragstellung und dann gibt es Staatsknete? Als Darlehen? Streng zweckgebunden? Und muss man da eine GBR oder so etwas gründen und nachweisen, dass sich das “Projekt” rentieren wird? So ungefähr: “Wir planen Fernsehgarten, Rock am Ring, Clubtour und Charteinstieg für 2023”

Das Lustige, also Unlustige, an diesem “Initiative Musik Neustart Kultur” – Ding und was du checken musst: Da geht es natürlich nicht darum, dass du dir als Musiker mal für 6 – 12 Monate die Miete zahlen kannst, sondern da geht es einfach um den Kreativstandort Deutschland. Das ist eine staatliche Wirtschaftsförderung, wo du dich dann unter streng bürokratischen Richtlinien bewirbst, Kennzahlen definierst und deine Geschichte zum Förderzweck erzählst. Im besten – oder schlimmsten Fall [lacht] – gelingt dir dann durch die Fördermaßnahme und die Investitionen, die du da dann tätigen kannst, der Markteintritt. Von da an musst du halt dann auch wieder gucken, wie du das anstellst, da eine finanzielle Nachhaltigkeit reinzubekommen. Ich meine, ich erzähle da nichts Neues, allein über das Veröffentlichen von Musik wird das jedenfalls nichts mehr werden und was ja nun gerade auch zu sehen ist: Es sieht in den kleineren bis mittelgroßen Live-Clubs gar nicht gut aus und meine Fragezeichen werden immer größer.

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