ROLLING STONES – 60 Jahre in der Arena auf Schalke

Kennt ihr den ollen Witz von Otto? Er fragt im Altenheim bei einem Auftritt, ob denn alle da seien, worauf das Publikum fröhlich bejaht und Otto ebenso fröhlich „Aber nicht mehr lange!“ entgegnet.

Mir ging dieses kleine Bonmot während des  ROLLING STONES Konzerts in der Schalker Arena das eine oder andere Mal durch den Kopf. Schließlich galt es über zwei Stunden, die größtenteils eine recht mittelmäßige Angelegenheit waren, zu überstehen.

Aber von Anfang an: Auf die Frage, Beatles oder Stones, antworte ich ja mittlerweile: KINKS. Das war einmal anders. Der kleine Swen liebte zuerst das rote Doppelalbum der BEATLES über alles und entdeckte dann spät in der Frühpubertät die STONES mit ihren Hits ‚Satisfaction‘, ‚Paint it black’ und ‚Gimme shelter‘. ‚Aftermath‘ und ‚Beggars banquet‘ waren dann vermutlich meine Lieblingsalben zu der Zeit. Ich mochte diese Soundtracks der Jugend derer, die nicht meine Eltern waren, sehr gerne, verband ich doch Rebellentum, Sex und Aufstand damit, also schlichtweg alles, was mir fehlte.

Dass die Stones der Inbegriff dessen waren, was man als Punk verabscheut, lernte ich durch das Maximum Rock’n’Roll in den 90er-Jahren. Das sollte mich davor bewahren, einmal so zu werden, wie sie. Ist aber bekanntlich gründlich gescheitert.

Und jetzt also mein erstes Stadionrock-Konzert ever. Mein alter Kumpel Henning hatte mich eingeladen. Das Publikum ist ein Mehrgenerationen-Publikum, das ein wenig aussieht wie ein Querschnitt aus jedem Kollegium oder Großraumbüro, wenn man dort die Menschen mit Migrationshintergrund rausrechnet. Ich fühle mich also gleich wie auf Arbeit. Bei ZUCCHERO blieben wir lieber noch draußen, Veltins-Plörre für 5.30 € runterkippen. Das hörte sich an, wie die Musik, die bei allen Lieblingsitalienern immer im Hintergrund läuft. Und ich dachte, das wäre immer EROS RAMAZOTTI. Wieder was gelernt!

Dann werden die Sitzplätze in der Nordkurve eingenommen. Die Bühne ist auf der anderen Seite und ich wundere mich, wie man da überhaupt was sehen kann. Aha, das geht über die riesigen Bildschirme. Ich notiere die Geschäftsidee: Könnte man ja direkt für die armen Asis einen Livestream zum Beispiel in die Duisburger Arena machen, wo eine Kopie für, sagen wir mal, billige 50€ zu gucken wäre.

Mit den ersten Klängen werden verzückt die Smartphones gezückt und die fehlende Beleuchtung dadurch ausgeglichen. Zum Start wird Charlie Watts gedacht, indem ein paar Bilder über die Screens huschen. Das Publikum würdigt den Abgang mit respektvollem Applaus und dann geht es los. Es ist natürlich ‚good to be here‘ oder auch ‚schön im Pott zu sein‘ und selbstverständlich ist das Publikum auch ‚great‘, was frenetisch bejubelt wird. Zumindest hört es sich so an. Auf den Waldorf-und-Statler-Rängen in der Nordkurve klatschen eher nur so ein Drittel und jubeln tut vermutlich jeder Fünfzigste. Das liegt wohl auch daran, dass wohl die  Songs nicht ganz so bekannt und beliebt sind. Ziemlich viele lahme Nummern wie ‚Wild horses‘ und ‚Out of time‘ sind darunter. Mitunter wirkt es auch ganz amüsant, wenn da ‚Let’s spend the night together‘ intoniert wird. Das spitzbübische Grinsen, die Gesten zwischen Jagger, Wood und Richards wirken spontan aber auch einstudiert, weil sie permanent wiederholt werden. Das könnten auch Roboter machen. Und erstmals denke ich, dass ABBA mit ihren Avataren diese Geschichte wohl besser gelöst haben. Zur Hälfte geht dann Jagger für zwei Songs unter das Sauerstoffzelt und Richards darf zwei Songs alleine darbieten. Hier merkt man, wo die Karriere wohl geendet hätte, wäre das nicht so eine günstige Konstellation zu Beginn gewesen. Glück muss man haben! Man kann sich gut vorstellen, wie er mit seiner Band auf Silber- und Goldhochzeiten und Stadtfesten kleinerer Kreisstädte die Älteren im Publikum überzeugt hätte.

Und gerade bevor alle endgültig sediert wegdösen, starten sie mit dem WDR 4- Oldie-Nacht-Programm: ‚Paint it black‘, ‚Seid ihr alle gut drauf‘, ‚Gimme shelter‘ (mit Ukraine-Flagge), ‚Sympathie for the devil‘, ‚Jumpin‘ Jack Flash‘ und zum Schluss natürlich ‚Satisfaction‘. Da kommt dann sogar in der Nordkurve kurz Bierzeltstimmung auf.

Seltsam zufrieden und friedlich machen sich alle auf den Weg nach Hause und der Abtransport in Richtung Hauptbahnhof per Bus und Bahn klappt reibungslos. Am Ende sogar noch Glück gehabt, weil die vorletzte Bahn in Richtung Duisburg 20 Minuten Verspätung hat und wir sie so noch erreichen. Ich werde sehen, was das wohl mit mir macht, jetzt noch zweieinhalb echte Rolling Stones auf einem Bildschirm im Stadion erlebt zu haben.

Ticket zum Preis eines Dreitagestickets beim Ruhrpott Rodeo.
Ganz schön weit weg!

1 Kommentar

  1. Boah, Stadionrock von ner Band, die schon Ende der 70´er eher , so naja, war.
    Dann 162, 90€ für nen Sitz? Nee Swen, lieber nicht.
    Gruß aus HH,
    Hendrik

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