Von Schönspielern, die nicht schön spielen – eine Zustandsbeschreibung des MSV Duisburg!

Früher war alles besser, ist natürlich Quatsch, aber beim MSV stimmt es leider.

Zu Beginn möchte ich etwas weiter ausholen, aber kurz nach Ostern kann man sich ja ruhig etwas Zeit nehmen.

Da wo alles begann: unzählige Tore aus allen Positionen, eines schöner als das andere, auf Asche. Wir sahen aus wie Schweine, verstaubt bei trockenem Wetter, vollgematscht bei Regen. Im Hintergrund das Hochhaus an der Grabenstraße 181 in Duisburg-Neudorf, und die Mutter rief aus dem siebten Stock hinunter: Andreas komm hoch, Abendessen! Aber ich blieb natürlich und schoss noch ein paar Tore, bis der Torwart in der Dämmerung noch weniger sah als ich. Erst wenn es stockfinster war, ging es ab nach Hause. Hatte es geregnet, stellte mich meine Mutter, so wie ich war, angezogen und mit Fußballschuhen an in die Badewanne und brauste mich erst einmal grob ab. Komisch fand ich das nie, war halt so.

Was ich damit sagen will? Ganz einfach: Ein kleines bisschen mehr Widerstand und den Willen auf dem Fußballplatz etwas abzuliefern, sollten sich auch Profispieler (oder besser, erst recht Profispieler) doch bewahren. Sie müssen dabei nicht einmal mehr im Schlamm wühlen und sich auch nicht von der Mutter abends die Aschesteinchen aus den offenen Knien rauspulen lassen. Nein, das ist alles etwas komfortabler heute für die Profispieler. Und genau das scheint das Problem zu sein. Es ist diesen Profis schlichtweg egal, für wen und wie sie arbeiten, es geht schon irgendwie weiter. Wir haben früher Straße gegen Straße gespielt (ein “Gastspieler” von einer anderen Straße durfte pro Team dabei sein) und  dabei ging es um die Ehre, d.h. es ging einfach um alles, wir rannten um unserer Leben und waren zornig bei jedem Gegentor. Tja, und unser MSV? Lässt sich zuhause mal eben von der zweiten Mannschaft aus Dortmund mit 0-5 im eigenen Stadion vorführen. Ich will jetzt mal gar nicht mit Revierderby o.ä. kommen, es kann auch Verl oder Meppen sein, nein es geht um die Art und Weise. Kein Kampf, kein Aufbäumen, keinerlei Anzeichen von Widerstand. Der Dortmunder Nachwuchs (U 23) hat sich teilweise auf dem Platz kaputtgelacht. Jetzt könnte man sagen, ist mir egal, soll der MSV halt immer weiter absteigen und für immer verschwinden, immerhin gibt es diese Spiele und diese Entwicklung schon seit Jahren. Aber irgendwie ist es für mich immer noch der MSV und manche Sachen kann man sich halt nicht aussuchen, die bekommt man einfach. Bei mir war das mein Vater, der mich irgendwann einmal mitnahm ins Stadion. Das war überwältigend: Freitagabend, Flutlicht. Obwohl auch selten gut, erlebte ich viele mitreißende Spiele. Es ging zwar trotzdem gefühlt auch immer nur darum ob der MSV 1-0 gewinnt oder 0-1 verliert, aber es wurde gekämpft, gerackert und manchmal sogar auch wirklich schön gespielt. Die Helden meiner Kindheit hießen Heinze, Dietz, Jara, Büssers, Seliger und Worm. Und Kurt Brumme brüllte ins WDR-Mikro: “TOOOOR in Duisburg, an der Wedau singen sie ‚Oh du Selige‘, 1-0; Seliger auf Worm, zurück ins Funkhaus”. Gern erzählt mein Vater heute noch, wie sauer ich war nach Niederlagen des MSV, Türen zuschmiss und mich in meinem Kinderzimmer verschanzte. An diesen Tagen war ich laut meinem Vater zu nichts mehr zu gebrauchen. Irgendwann ging mein Vater nicht mehr hin (er hatte sich schon damals einmal zuviel geärgert), aber ich blieb dabei und hatte fortan diesen Verein am Hals. Jahre folgten mit Aufs und Abs, mit dem unansehlichsten Fußball fuhr der MSV die besten Saisonergebnisse ein, aber so langsam aber sicher zeigte die Kurve stetig nach unten. Misswirtschaft und Insolvenz führten den MSV dann irgendwann dahin wo er sich heute befindet, irgendwo im Niemandsland zwischen Not und Elend. Aber, wie gesagt, den Verein sucht man sich in der Regel nicht aus, zumindest nicht den MSV. Aber wie in jeder Familie, wo es einen ungeliebten weil unmöglichen Onkel gibt, der auf jeder Familienfeier angesoffen junge Frauen angräbt und Unsinn erzählt, so verhält es sich auch mit dem MSV. Irgendwie schämt man sich für ihn, aber ganz fallenlassen kann und will man ihn dann ja dann auch nicht. Man guckt nach ihm, zeitweise etwas aus der Entfernung, aber ganz los kommt man nie. Und wenn der Onkel dann mal richtig krank wird oder mit Schlaganfall ins Krankenhaus muss, dann rennt man doch schnell hin und hält das Händchen. So ungefähr fühle ich mich, wenn ich mal wieder im Stadion stehe, aber zum Glück gibt es ja Bier, viel Bier, und Freunde, die auch mal schauen möchten, wie es dem MSV geht – nicht gut.

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