Zeitreise I
Plastic Bomb Nummer 1 erscheint. Mit dabei unter anderem NoFX und die Richies. Das Richies-Interview macht Tom Tonk. Ich bin froh, weil ich mich nicht traue, denn die Richies sind die coolste Band der Welt.
Zeitreise II
Ich stehe mit Frank Herbst zusammen auf irgendeinem Konzert der Richies nebeneinander vor der Bühne. Beide sind wir ziemlich angetrunken. Frank bepisst sich vor Lachen, wie unglaublich schlecht die Richies spielen. Die sind sichtlich unbeeindruckt davon, denn sie sind die coolste Band der Welt.
Zeitreise III
Guido Wichtig von Jimmy Keith & his Shocky Horrors versucht mir Bassspielen im gemeinsam mit den Richies genutzten Proberaum beizubringen. Ich bin ziemlich ungeschickt und trage den Bass beinahe unterm Kinn. Dann kommen die Richies zum Proben und ich bin ziemlich peinlich berührt. Die Richies ignorieren das, denn sie sind die coolste Band der Welt.
Zeitreise IV
Die Gesellschaft zur Verbreitung lustiger Hüte treibt ihr Unwesen in Duisburg. Die ganze Punkrock-Welt schaut gebannt auf die Geschehnisse, nur die Richies bleiben die coolste Band der Welt.
Zeitreise V
Die Richies brauchen fast 20 Jahre, um ein neues Album herauszubringen. Das beeindruckt sie wenig, denn sie sind die coolste Band der Welt.
Axel: Die Geschichte ist ja die, dass Sulle und ich in der Oberstufe beschlossen haben, wir sollten Punkrock machen. Das war in Hamborn, in der Vorstadt. Wir wussten auch nicht so richtig, wie Punk funktioniert und haben wahrscheinlich kleidungstechnisch nicht so perfekt ausgesehen, wie man das sollte. Wir haben uns also beide Gitarren gekauft und irgendwann bin ich auf den Bass umgesprungen, weil unser Basser ausgestiegen ist und ich so Gesang gemacht habe.
Sulle: Lustig war, dass wir uns zusammengesetzt haben und die Instrumente gestimmt haben. Wir hatten das einzige Peter Bursch Gitarrenbuch, das es damals gab.. Da stand halt drin, wie man die Saiten im fünften Bund runterdrücken muss und E-Dur angestimmt. Und dann klang das schön. Und dann haben wir zusammengespielt und das klang beschissen. Und dann hat das zwei Stunden gedauert, bis wir herausgefunden haben, dass man ja erst einmal die E-Saite nach irgendwas stimmen muss. Aber ein halbes Jahr später haben wir schon unser erstes Konzert mit über dreißig Songs gegeben.
Und jetzt? Würdet ihr euch als Musiker sehen?
Sulle: Nein, ist alles gleich geblieben! Wir spielen Punkrock.
Aber sonst unterscheidet euch die Art, wie ihr Punksongs schreibt schon etwas von anderen Bands?
Axel: Zumindestens von anderen Bands in der Findungsphase. Wir haben schon auf der ersten 7“ Fishlicense auf Frank Herbsts Your Chance Records drei Songs von drei verschiedenen Songwritern. Wir jammen nicht großartig und die Songs bleiben vom Grundgerüst ziemlich unverändert.
So konntet ihr auch in getrennten Phasen immer Songs machen. Zum Beispiel vor der ‚Why lie, need a beer‘-Platte.
Sulle: Ja, da war Axel für ein Studienjahr in den USA. Da haben wir Songs hin und her geschickt. Das klingt in Internetzeiten ja unverfänglich. Aber damals hieß das Kassetten für 16,50 DM in die USA schicken. Das hat dann drei Wochen gedauert, weil Airpost noch teurer gewesen war.
Und dann hattet ihr ja vor den Aufnahmen gerne mal so Phasen, in denen ihr ganz schnell mal für das Studio üben musstet und euch wochenlang in den Proberaum eingeschlossen habt, um hier Defizite aufzuholen. Ich hatte immer den Eindruck, dass ihr diesen Druck vorher brauchtet?
Axel: Das fasst es ganz gut zusammen.
Sulle: Sagen wir mal so: Am Anfang hat das alles total viel Spaß gemacht. Aber nach der zweiten Platte war das alles nur noch lästig, Arbeit, keiner hatte mehr Bock …
Axel: … und es kamen andere Substanzen ins Spiel. Live, waren wir am Anfang ja nicht so richtig gut. Das konnte man ja schnell rausfinden.
Sulle: Und diese innere Leere haben wir dann mit Drogen gefüllt. Da sind dann auch die 300 Mark, die wir verdient hatten, für draufgegangen.
Live wart ihr aber trotzdem, im Gegensatz zu heute, grottenschlecht!
Sulle: Sagen wir so: Das eine oder andere Mitglied in der Band hat manche Konzerte nicht ernst genommen und die optimale Menge Bier vor dem Auftritt um 100% überschritten und das waren dann vielleicht nicht so ganz die saubersten Konzerte. Auf Tour waren wir aber nach zwei drei Tagen meistens recht gut.
Axel: Stimmt! Wir waren manchmal richtig überrascht von uns, wie gut wir waren.
Sulle: Dafür soll das Proben ja auch gut sein.
Heute seid ihr besser?
Sulle: Peter spielt nicht mehr so gehetzt. Der war ja früher schon mal sehr, sehr schnell unterwegs. Und da kamen wir nicht hinterher.
Wer war denn jetzt der Antrieb, jetzt doch noch mal was zu machen?
Sulle: Ich.
Axel: Sulle ist ja auch der einzige, der den Rock‘n‘Roll durchgezogen hat.
Sulle: Anfang der Nuller habe ich mit den Romeros, mit Roman Brot am Gesang, in Berlin gespielt und habe gesehen, oh, da ist richtig was los. Das waren im Wild at Heart so 150 Leute und ich dachte, das wäre eine gute Zeit mit den Richies zurückzukommen. Hat dann aber dummerweise zehn Jahre gedauert und die Poppunkwelle war schon wieder vorbei.
Da war bei den anderen also richtig Begeisterung dabei?
Sulle: Das ging immer so hin und her. Einmal war Axel dabei, Peter aber nicht, im anderen Jahr war es andersherum, da war Peter dabei, aber Axel nicht. Und irgendwann war es dann soweit.
Axel: Wobei wir mit den Songs schon schnell recht weit waren. Die Platte hätte schon zwei Jahre früher fertig sein können, aber wie es dann immer so ist: da ist hier noch was und da noch was … und irgendwann haben wir nach sehr langer Aufnahmezeit 16 Stücke gehabt.
Sollte es denn schon direkt eine neue Platte geben oder war es erst so ein Live-Dingen?
Sulle: Nee, eine Platte war Grundvoraussetzung dafür, dass wir weitermachen.
Axel: Aber das war ja in weiter Ferne, als wir 2012 das erste Mal wieder auftraten.
Sulle: Peter hat aber nur unter der Bedingung einer neuen Platte mitgemacht.
Axel: 2012 im Djäzz war es aber richtig gut bei unserem ersten Auftritt.
Aber vorher hattet ihr ja schon auf Roman Brots vierzigsten Geburtstag gespielt?
Sulle: Ja, im Asta-Keller, das war so ein einmaliges Reunion-Konzert, das war …
Axel: … das können wir nicht sagen, dann weiß ja jeder, wie alt Roman heute ist. Das war aber einmalig und da gab es keinen Plan. Ab 2012 hatten wir dann aber ein paar Konzerte … mit Jimmy Keith oder beim Beat on Cancer Festival in Düsseldorf. Aber dann ist unser Peter ja ausgewandert. Das hat die Sache etwas verzögert. Er lebt ja jetzt in China. Das ist sehr weit weg, so eher maximal weit weg.
Ja, da gibt es so einen chinesischen Kommentar unter dem Youtube-Video zu ‚Hanging on the telephone‘: One guy is my boss, haha, 😀.
Axel: Ja, schreib das, dann klicken wieder ein paar Leute das Video. Aber wir waren erst einmal ratlos, denn die Songs waren fertig aufgenommen. Die Frage nur, die sich stellt: Was machst du mit einer Platte, wenn du keinen Drummer hast. Also haben wir erst einmal gewartet, weil das zunächst so ein Einjahres-Ding war. Das wurde dann aber für uns überraschend verlängert, denn wer konnte sich vorstellen, dass Peter in China überhaupt einreisen darf … oder wieder ausreisen darf.
Obwohl …vielleicht ist das ja gar nicht sooo weit auseinander. Aber dann gab es so einen komischen Facebook-Post: Die Richies sind zurück, aber irgendwie doch anders, aber doch noch komplett …
Axel: … ja, eine sensible Frage, aber letztendlich kam das auch von Peter, der sagte, wenn wir eine neue Platte haben, dann müssen wir auch live spielen. Dann haben wir gesucht und gesucht, wer denn Peter live ersetzen könnte …
Kiwi: … und dann hat Sulle mich Anfang März angerufen. Wir hatten ja schon vorher bei den Brewers zusammen gespielt. Da ich mit Axel noch nicht zusammengespielt hatte, habe ich gesagt, dass wir ja mal ein zwei Proben testen kommen. Klar ist, dass ich nicht eine 1:1-Kopie von Peter bin, muss ich aber auch nicht.
Axel: Aber es passt ganz gut und wir können ein paar Konzerte spielen. Wobei wir ja jetzt auch nicht völlig durchstarten, aber wenn mal eine Anfrage kommt, wollen wir auch spielen können. Aber es ist auch klar, dass Peter in der Band bleibt, denn die Richies, das sind Sulle, Axel und Peter.
Die beiden Weihnachtssongs auf dem Album, waren die eigentlich für die zwischenzeitlich angedachte Weihnachtssingle gedacht?
Axel: Sagen wir so, die Richies hatten ja schon immer eine besondere Affinität zu Weihnachten. Und besonders Peter ist ja riesen Weihnachtsfan, aber …
Sulle: …aber eigentlich: ja!
Axel: Ich weiß gar nicht mehr, wie es war. Irgendwann war da mal die Idee, eine Weihnachtssingle zu machen, aber …
Sulle: … außer Peter konnte niemand Weihnachtssongs schreiben.
Axel: Und dann waren die beiden Songs da, aber es gab keine Single.
Und wie kam es dann zum Label Hulk Räckorz?
Sulle: Wir waren ja zunächst auf einem Hardcore-Label…
Your Chance Records …
Sulle: We Bite! Und dann haben wir gedacht, warum sollten wir auf ein Poppunk-Label gehen? Das macht ja jeder, der Poppunk macht. Also suchten wir uns lieber ein Deutschpunk-Label. Das ist doch viel besser, weil das Punk ist, immer gegensätzlich zu handeln.
Ich dachte, das wäre eine alte Verbundenheit, weil ihr ja schon mit WIZO …
Sulle: … natürlich! Außerdem waren wir damals bei einem Schwaben und sind jetzt wieder bei einem.
Denen gehört die ganze Welt: Das ist die große schwabische Verschwörung!
Sulle: Richtig! Die haben ja auch die Laugenbrezel erfunden.
Axel: Ich habe damals immer gerne Laugenbrezeln mit Käse gegessen, wobei der Emmentaler nicht aus Schwaben kommt.
Sulle: Wir haben ja die ersten beiden Platten in Schwaben aufgenommen, da kannte man die Laugenbrezel hier noch gar nicht.
Und ihr habt die hier eingeschleppt, wie damals ja die Kartoffel aus Amerika kam …
Sulle: Ja!
Axel: Ich muss an der Stelle aber sagen, dass wir von Fratz noch nicht eine Laugenbrezel bekommen haben. Falls er das hier liest …
Sulle: Die hießen da ja auch noch Weckle.
Daher kamen die Namen Sullele, Spatzele und Peterle?
Axel: Die sind tatsächlich damals entstanden. Wir haben also gute Erfahrungen mit Schwaben.
Sulle: Da unten haben wir ja auch den Ox-Joachim kennengelernt.
Axel: Das ist ja für das Plastic Bomb eine entscheidende Information.
Sulle: Aber es ist wichtig, dass alle wissen, dass wir den auch kennen.
Axel: Wir hatten ja auch kurz überlegt, was mit Monster Zero Records zu machen. Das ist ja der Kevin Aper von den Apers, der jetzt in Österreich lebt. Das wäre die logische Wahl gewesen, aber wir dachten dann lieber lokal. Und den Fratz kennen wir auch sehr lang.
Sulle: Vielleicht können wir ja jetzt mal wieder mit Wizo spielen.
Aber das ist nicht so eure Szene …
Axel: Ja, das ist die Poppunkszene. Und die ist uns sehr ans Herz gewachsen. In Deutschland gibt es so eine kleine, feine Szene mit tollen Bands und treuen Fans. Die Stimmung ist nett.
Sulle: Es sind die netteren Fans.
Axel: Es gibt da einen Spirit, der da herrscht. Das geht an der Öffentlichkeit vorbei.
Gibt es ein paar Namen?
Axel: Neon Bone aus Münster, Burger Weekends aus Osnabrück.
Sulle: Fatulinees aus Duisburg.
Axel: Die Hawaiians aus Norddeutschland sind extrem nett.
Sulle: Die DeeCracks international! Wann immer du solche Leute kennenlernst, sind sie immer okay. Da sind nie Asis da.
Axel: Fast nie.
Sulle: Die erkennst du schon am Aussehen. Die sehen auch anders aus.
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