Neue fröhliche Lieder von PSYCHOTIC YOUTH

Foto von Roine Lundstrom

Ein kleines Interview mit einer großen Band

Wer in den frühen bis späten 90ern in Duisburg das Backstage, Meta Luna oder Mono besuchte, um die dortigen Punkrock-Abende zu zelebrieren, kam am Poppunk der schwedischen PSYCHOTIC YOUTH ebenso wenig vorbei wie am dicken fetten Elvis der RICHIES. Folgerichtig nahmen sie auch eine gemeinsame Platte auf Wolverine Records auf und sind auf dem überragenden Tribute-Sampler für die Duisburger Helden mitvertreten. Und seit unzähligen Jahren veröffentlicht Sascha von Wolverine immer wieder Tonträger der schwedischen Helden. So auch das überragende neue Album „Sad Songs“, dass hier Runde um Runde dreht. Da ich das Album liebe, dürft ihr dieses kleine Interview mit Sänger und Mastermind Jorgen lesen.

Eure neue Platte „Happy Songs“ ist natürlich die beste, die ihr je gemacht habt, oder?
Es fühlt sich so an – ja. Ich habe es geschafft, alle Zutaten einzulegen, die unseren Sound ein bisschen besonders machen.

Eure Themen bestehen zu einem großen Teil darin, wie es ist, sich zu verlieben und von Mädchen zu schwärmen. Hat sich in den letzten dreißig Jahren daran etwas geändert?
Die schlechtesten Songs habe ich gemacht, als ich glücklich in einer Beziehung war. Jetzt bin ich seit fünf Alben Single und das hat die Texte gefärbt. Mein Vater hat immer gesagt, dass ich seit meinen Teenagerjahren einen “Idiot-Magneten” habe, wenn es darum geht, verrückte Mädchen anzuziehen. Also habe ich gutes, bitteres Material seit unserem ersten Album in den 80er Jahren.

Gibt es andere Einstellungen zur Welt, die sich bei Dir erheblich verändert haben?
Als Bandmitglied und als Musiker fehlen mir mittlerweile die finanziellen Grundlagen. Keine Möglichkeit, dies wie in den 90er Jahren zu tun, und ich bin gezwungen, meine Band als Hobby zu betreiben. Dasselbe gilt für die Politik und die Umwelt heutzutage – wir sind in den Händen der rechten Faschisten, die uns in den Boden treiben werden, nur weil sie es können.

Eure Texte sind alle Englisch, gab es nie die Idee, es auf Schwedisch zu versuchen?

Wir haben auf der EP PUNK ein Lied auf Schwedisch mit dem Titel “Jag ska aldrig dö” (Ich werde nie sterben):

Aber seit ich als 6-Jähriger bei Elvis hängen geblieben bin, ist es für mich Englisch. Aber wer weiß? Vielleicht werden wir in Zukunft mehr auf Schwedisch tun. Wir haben nichts mehr zu beweisen.

Als du vor über 35 Jahren angefangen hast, welche Bands waren damals deine Inspiration?
Die Nomads, die Fuzztones, die Sonics… Du siehst, wo der Zug langfährt. Heutzutage bin ich mit Hans und Niklas von The Nomads gut befreundet und werde in 3 Wochen mit ihnen spielen, während sie ihre 40-Jahre-Jubiläumsshow ihrer “Where the wolf bane blooms”-LP feiern.

Welche neue Band überzeugt Dich von den heutigen Bands? Was ist der größte Tipp in der Poppunk-Welt?
Masked Intruder liebe ich sehr, dann The Randells, Yum Yums, The Speedways, Peawees, Screachin Weasel, Geoff Palmer, Kurt Baker. Die Liste geht weiter 🙂

Psychotic Youth sind eine der großen Bands in einer sehr kleinen, aber weltweit vernetzten Pop-Punk-Blase. Habt ihr Euch als schwedische Band damit abgefunden, dass andere schwedische Bands weltweit ein größeres Publikum erreicht haben? Ob es melodischer Punk aus dem Haus Burning Heart oder Rock wie Baboon Show ist. Ihr habt bereits viele kommen und gehen sehen.
Du hast recht. Ein Grund, nicht größer zu sein, ist, dass es uns an Verbindungen mangelt, und um ehrlich zu sein – Ageismus. Aber auch, dass wir nicht (wieder) vom “Geschäft” aufgesaugt werden wollen, wie wir es in den 80er-90er Jahren wurden. Heutzutage können wir uns entscheiden, dies zu tun – oder nicht, je nach unserem persönlichen Leben. Wir mögen daher eher eine Familientherapiegruppe sein. Aber wir sind sehr stolz darauf, in den letzten 38 Jahren andere Bands auf der ganzen Welt beeinflusst zu haben.

Du hast auch eine 7“ mit den Richies gemacht. Gibt es noch Kontakt?
Ich spreche ab und zu mit Axel. Und wir haben kürzlich “I love you” von ihnen auf dem Tribute-Album gemacht. Hoffentlich werden wir bald zusammen spielen. Ich versuche, einige Shows im kommenden Frühjahr in Deutschland zusammenzustellen, aber es war wirklich schwierig, mit den Veranstaltungsorten in Kontakt zu treten, also werden wir sehen, ob es möglich ist.

Jorgen, Du bereibst auch selbst ein Studio… kann ich davon ausgehen, dass du deinen Lebensunterhalt mit Musik bestreitest? Und wie machen die anderen das?
Ich bin von Beruf Jugendleiter. Aber ich nehme auch bei der Arbeit auf. Hier ist ein Album, das ich mit einer neuen schwedischen Young-Punk-Band namens STAF gemacht habe:

Die anderen haben auch regelmäßige Jobs als High-School-Lehrer, Hausmeister und Gefängniswärter.

Hand auf Herz: Welche Rolle spielt das Surfen für Dich? Du surfst doch nicht etwa?
Nein, ich mag Wasser überhaupt nicht. Als Kind bekam ich immer eine Otitis (schmerzhafte Gehörgangentzündung), sobald ich hineinging.  Wenn man genau hinschaut, macht der Surfinhalt auch nur 10-20% meiner Songs aus. Die Menschen scheinen aber von diesem Thema geblendet zu sein und fälschlicherweise zu glauben, dass wir nur das tun, obwohl es so viel mehr gibt. Ich hoffe, das ist nun klar!

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