Eine Frau mit komplizenhafter Männlichkeit gegen zwei Männer auf Schnaps

Das sind mal zwei bemerkenswerte Platten. Jeweils nicht in klassischer Bandbesetzung und textlich auch nicht KI-generiert. Damit sind aber auch die Gemeinsamkeiten erschöpft. Ich würde sogar sagen, dass beide Scheiben unterschiedlicher nicht sein könnten. Auf der einen Seite agiert auch Christoph Lambert und auf der anderen Seite die zur Zeit meist geblockte Frau im Punkrock.

SCHNAPS „Alles verdampft“ – LP

Beim Bandnamen SCHNAPS denke ich ja spontan an Daily Terrors Prost oder die Verballhornung Volker Lechtenbrinks ‚Ich mag‘ durch die Zitronen. Da liege ich aber komplett daneben. Das Duo aus Werningerode ist sehr ernst unterwegs. Sie spielen gleich gegen den Siegeszug des Schwachsinns an, alles sehr konkret, aber keine Poesie. Die Wahrheit ist, dass wir die Welt wider besseres Wissen gegen die Wand fahren. Eine Platte, die sich gegen das Leugnen, gegen die Ignoranz wendet. Das unterschreibe ich sofort, hier auf diesem kleinen eskapistischen Blog. Ein merkwürdiges Gefühl fällt mich an: Irgendwie habe ich ja persönlich aufgegeben, wird mir beim Hören von ‚Blinkepunkte’ bewusst. Spätestens seitdem sich der Hass auf Grüne angesichts der Klimakatastrophe zuspitzt, habe ich aufgehört, dagegen anzukämpfen. Schnaps singen dagegen an: Das machen sie alles andere als platt.

Hoffnung gibt es in Form von Elly Schlein. Die Politikerin wird für ihr Engagement besungen und nicht beschimpft, weil sie aus einem privilegierten Elternhaus stammt. Dagegen kriegt es der Freund der Tochter ab, weil der Papa ein Nazi ist. Das ist teilweise ganz schön schräg. Dabei sind sie sonst in ihrer sachlichen Art ein kompletter Gegenentwurf zu den ganzen ironisch gebrochen agierenden Punkbands. Botschaften, die nicht verklausuliert daherkommen. Toll verpackt, mit Klappcover, Recycling-Vinyl und Aufklebern.

Leider bleibe ich selbst oft ratloser zurück, als ich es mir wünschte,  da mir die Musik gar nicht so einläuft. So sperrig reduzierte Rachut-Musik, die eher wie Hintergrundmusik zu den Texten wirkt und keine eigene Dynamik entwickelt. Dabei sind sie nie langweilig, aber packen tun sie mich leider nicht. Vielleicht wären ein paar Musiker mehr in der Band doch nicht so verkehrt. Wenn die Sängerin mitsingt, tut das der Hörbarkeit auf jeden Fall gut.

Am Ende gibt es ‚Schreitherapie‘ und ich frage mich, ob Schnaps auch so eine Art Therapie sind.

ÖARKS – Eine-Frau-Punk-Band

Hinter Öarks steht Dr. Antje Jelinek, die mit mit ihrem OBERKÖRPERFREI IM PUNKROCK – Profil und mit ihren Artikeln u. A. bei den Ruhrbaronen auf einer Mission unterwegs ist. Das sorgte lustigerweise dafür, dass sie kurzfristig für Moses Arndt gehalten wurde. Gerne wird sie auch mal geblockt, weil sie meinungsstark gegen besorgniserregende Erziehungstendenzen im Punkrock vorgeht und alternative Fakten als solche entlarvt. Zwar schießt sie in meinen Augen auch mal über das Ziel hinaus, aber so ist das, wenn man, wie eingangs erwähnt, unterwegs auf einer Mission ist. Dabei fällt ihre Wahl der Waffe auch eher auf den Degen als auf das Florett.

Musikalisch ist sie mit der E-Gitarre am Werk und wird begleitet von einem Schlagzeuger (nachträgliche Änderung: einem Drumcomputer namens Beatbuddy).  Hier schlägt sie einen Bogen von Vernunft zum Punk. Auf der einen Seite zeigt sie sich (auch durch die Corona-Erfahrungen) der Wissenschaft verpflichtet  und nimmt ‚Die Krone der Schöpfung‘ ins Visier. Manche Songs und Ideen scheinen durchaus auch schon älter zu sein, wie an den Jahreszahlen auf dem Textblatt zu erkennen ist. Dabei wirken Songs wie ‚Infiltriert‘  ziemlich zeitlos, denn all das, was an Propaganda und Desinformationen auf uns prallt, zeigte sich schon 2012 als Gefahr. Im Unterschied dazu hat sich jetzt allerdings auch der innere Feind der Freiheit entwickelt, wie in den beiden Songs ‚Egal, was ist‘ und ‚Übermut tut selten gut‘ zu hören ist. Beide Songs sind aus den letzten Jahren und gewissermaßen der Soundtrack zu ihren Social Media-Aktivitäten. 

Ich finde es eigentlich ziemlich gut, dass sie sich so klar positioniert und auch die Sachen raushaut, die sich viele nicht trauen, offen rauszuhauen, weil die Awarenessteams schon die Messer wetzen. Allerdings haut mich diese Scheibe musikalisch auch nicht vom Hocker. Muss sie vermutlich auch nicht, denn der Erwerb dieser Scheibe ist ja auch so schon ein Statement. Mir persönlich rumpelt es ein wenig zu arg und den Texten fehlt der Kniff, dass sie mir im Ohr bleiben würden. 

1 Kommentar

  1. Hm, Schnaps kenne ich nicht, mit der Dame von okf hatte ich mal eine kurze Diskussion, die ich dann ergebnislos abbrechen musste, da sie sich tatsächlich genauso verhält, wie diejenigen, gegen die sie angeblich ankämpft… ich sag mal, schwarz-weiß auf schwarz-weiß ergibt?
    Den Block hier finde ich aber toll, gut dass es Dich/Euch gibt!

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