
Wir sind nur hier wegen der Gewalt
Es war so weit: Gestern wurde der Preis für Popkultur 2025 in Düsseldorf verliehen. Und wir waren dabei! Wie kommt es? Na ja, Mari sah den Post von Gewalt, dass sie für Abor und Tynna einsprangen, um in Düsseldorf zu performen. Und der nette Patrick schleuste uns dort ein.
Der Preis für was, fragt ihr euch? Hätten wir wohl auch tun sollen, uns das vorher fragen. Vorgestellt hatten wir uns, dass GEWALT da ein wenig mehr spielen würden als lediglich den Song ‚Trans‘. Den spielten sie sodann gleich zum Start, ohne angesagt zu werden, womit der musikalische Anlass unserer Anreise erledigt war.
Aber ich greife vor: Also erstmal ist der Preis für Popkultur wohl so eine Art Ehrentitel für den Bereich der hiesigen Kultur, der entweder gerne mal Echos gewann (so Bands wie Rammstein) oder den Bereich, der mittels Magensonde aus den Fördertöpfen der Kulturpolitik gespeist wird. So finden sich die üblichen Verdächtigen unter den Preisen, die seit 2016 verliehen werden. Einige kennt man vom Namen, wie zum Beispiel Beatsteaks und Danger Dan, bei anderen kenne ich jetzt die Namen zu den Gesichtern: Shirin David (die mit den Lippen) oder Mine (die mit der Brille). Immer wieder mal sind auch ganz interessante Acts unter den nominierten dabei, meistens aber vergisst man sie nach dem ersten Hören. Lustig! Mit den Rheinterrassen betreten wir also so eine Art Parallelwelt.
Eine Parallelwelt, die sich erstmal so anfühlt, wie ein Sparkassenbetriebsfest. Proppenvoll ist der Eingangsbereich mit Menschen gefüllt, die sich scheinbar alle kennen. Vermutlich hat man gemeinsam Fortbildungen wie „Kreativ durch die Krise“ oder Workshops wie „Erfolgreich vom Keyholder zum CEO im Musikbusiness“ oder Seminare „Wie fasse ich Fuß bei den Öffis“ besucht. Hoch erfreut stellen wir fest, dass sich Düsseldorf als Host dieser Veranstaltung nicht lumpen lässt und die Getränke für lau sind. Das sorgt schonmal für eine positive Grundstimmung!
Ach herrje, dann auch noch einen Sitzplatz neben Thorsten Schaar und seiner Tochter gefunden, der mich aufklärt und sagt, dass alle Anwesenden mal für Intro geschrieben haben oder auf den Gästelisten der Welt über das Introticket hineinkamen. Ars vivendi für prekär Kulturschaffende! Jetzt beginne ich die Bedeutung solcher Preisverleihungen zu erahnen.
Die bestuhlten Reihen sind zu 80% gefüllt und nachdem die einzige Band, die nicht am staatlichen Tropf hängt, gewaltig eröffnet hat, nuckeln wir an den Getränken und lauschen, den beiden Moderator:innen, die das mit dem :innen schon richtig gut machen. Fröhlich erklären sie, dass sie alle gut drauf, super bunt und vielfältig sind, danken tausend Logos und Personen, die die Logos vertreten. Das ist dann auch der rote Faden durch ihre Moderation. Danach kommt eine Frau, die aus Berlin nach Düsseldorf gezogen ist, macht das gleiche. Ob das wohl so weiter geht? Ich mutmaße auf jeden Fall, dass Vielfalt das neue große Ding ist!
OB Keller spricht halbwegs frei heraus, und erntet Lacher dafür, dass er die innovative Düsseldorfer Musikkultur lobt. Immerhin sind die erwähnten Toten Hosen und Kraftwerk nicht als Newcomer nominiert. Der CDU-Bürgermeister lobt auch noch die Innovation, die vom Ratinger Hof ausging und dass der bald wieder aufmacht. Ich versuche gedanklich die Wiedereröffnung mit den Rogers damit in Einklang zu bringen, scheitere aber vorläufig. Ich beschließe, mehr zu trinken.
Dann gibt es den ersten Preis, den die einzig nicht alte, weiße und männliche Produzent:in gewinnt. Phea heißt die und freut sich zusammen mit einer anderen Frau, die Finna heißt. Das Publikum ist aber eher verhalten oder launisch. Der gesichert streng riechende und vermutlich männlich gelesene Typ neben Mari klatscht aber begeistert.
Es gibt verschiedene Liveacts, die ich jetzt im Nachhinein aber alle durcheinanderwerfe. Wer kann schon Paulina Karolin, Paulinka, und wie sie alle heißen, auseinanderhalten. Die einen tragen so eine Art Windeln auf der Bühne und die anderen haben einen lustigen Keyboarder. Der Toilettengang bringt Abwechslung und wir treffen auf Gewalt. Schön! Ein bisschen Lästern über die Absurdität dieser Veranstaltung. Aber es gibt Getränke, Getränke und Getränke! Die Stimmung steigt, denn wir dürfen ganz vorne bei Gewalt sitzen. Toll, reservierte Plätze auch für die Schnorrer auf der Gästeliste! Da sollten sich andere Künstler und Veranstalter mal ein Beispiel dran nehmen. K.I.Z. gewinnen einen Preis, ich freue mich, vielleicht gleich Archie sehen zu können, aber die Herren spielen ein Video aus einer Dönerbude in Berlin ein. Ist zu anstrengend, für so einen Preis von Berlin nach Düsseldorf zu reisen. Geht auch anderen so, dabei sind die Getränke doch großartig. Habe ich schon erwähnt, dass auch Longdrinks für lau waren? Die Veranstaltung wird immer besser! Klaus Fiehe ist auch Juror, es kann also gar kein Schrott gewinnen. Ich werde milde! Nachdem Gewalt für ihr Video zu ‚Trans‘ leider keinen Preis gewannen, verließen wir dann doch den Saal, um im Foyer die vorzügliche Verköstigung zu genießen. So lebt man also in Düsseldorf! Wir treffen auf Roman, den einige noch von den Public Toys kennen. Der wird dafür aber nicht für sein Lebenswerk geehrt, weiß aber auch einen guten Drink zu schätzen! Schön hier! Ich erfahre, dass Jan Müller einen Preis für seinen Podcast bekommt. Alter, der kann doch gar nichts! Meiner ist viel besser, denke ich und spüle den Frust hinunter. Geht mir gleich besser! Die Zeit beginnt zu rasen! Bevor wir die Reißleine ziehen, um den heutigen Kater im Zaum zu halten, stellen wir fest, dass hier genau so viel geraucht wird, wie im AK47. Nur vor der Tür!
Ich bedanke mich bei Gewalt, der Initiative Musik, der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, der gvl, Music Düsseldorf, c/o pop, Pop Board NRW, reservix, youtube, d.live, Stadtwerke Düsseldorf, Satis & Fy, Studio Grill, Tribe, Rheinmetal (Spaß!) und Visit Düsseldorf für diesen wunderschönen Abend, der ohne Peroni, 9 Mile Vodka, Goldberg, Sarti Spritz und Fritz Haag nicht möglich gewesen wäre. Und natürlich lesen wir die Kulturspezialmagazine Rolling Stone, Fuze, Musikexpress, Musikwoche und Rausgegangen.
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