Elf Jahre nach der letzten Veröffentlichung erscheint nun mal wieder ein Nachweis der Existenz des Kölner Trios; und zwar ein elf Minuten dauernder.
Zugegeben, ich hatte nicht viel erwartet, eher so ein „ganz nett“. Aber dieses Etikett wäre nur tauglich als Understatement, wie es das Dosenbier im Schaffen von Claus sein mag. Und das schafft natürlich zum Auftakt mit „Sixpack unboxing“ sofort Vertrauen: Wenn man so will, kann man den Song vielleicht als Achtsamkeitsübung im Angesicht von Suchtdruck beschreiben. Aber natürlich steckt hier auch Konsum- und Zeitgeistkritik drin, die auf Verpackungs- und Social Media-Wahn hinzielt. Letzten Endes weiß man aber auch nicht, ob es einfach nur ein lustiges Lied aus einer Alltagsbetrachtung heraus ist. Womit wir sofort bei den großen Stärken sind, die diese Veröffentlichung auszeichnen: Immer lässt sie vielfältige Zugänge und Interpretationen zu. Und das ist es, was sie von der breiten Masse unterscheidet, die heute nach langer Zeit noch veröffentlichen. Natürlich spielen sie mit den üblichen Codes und Stereotypen, aber mit Ausnahme der Rechtschreibung auf eine gegenwärtige und niemals rückwärts gewandte Art und Weise. Die Sorgen haben sich halt mit dem Alter verändert, so dass mit der pointierten Darstellung des alljährlich zu erledigenden Steuererklärungswahnsinns eine musikalisch-adäquate Antwort gefunden wird.
Zur Gegenwart gehören mittlerweile auch die Familien mit Kindern, die den Alltag der Band prägen. Dieser spiegelt sich bei der Covergestaltung, Titelwahl und auch in dem wunderbaren Wimmelbild von Bernd von „Affenzauberhand“, das als Etching auf der B-Seite der einseitig bespielten 10“ zu finden ist. Textlich wird den Schrecken des Eltern-Daseins und des Alterns mit Hass (‚Erwachsenengefärdende Kinderhörspiele‘) und Hohn (‚Barbies Dreamhaus barrierefrei‘) begegnet.
Mit ‚Alle sind Punk‘ gelingt eine großartige Ergänzung zu ‚Morgens pauken‘ von den Ärzten, nämlich in der Form, wie es vielleicht wäre, wenn das Punksein nicht nur cooles Lippenbekenntnis von bärtigen Einfamilienhausbesitzer:innen wäre.
Dazu noch der Hit ‚Die dunkle Seite der Sonne‘, in dem die Freuden eines Verschwörungstheoretikers besungen werden, die er angesichts seines absurden Trips ins Weltall empfindet. Auch hier schlägt wieder die Tat die Geste, die den Spinner zum Helden macht, den man mögen muss. Das wunderbare Video dazu gibt es hier.
Elf Jahre Pause, elf Minuten zu hören. Kann bei KNOCHENFABRIK durchaus sein, dass diese verdammt oft wiederholt werden müssen, bis es weiteres Neues von ihnen gibt. Zu ordern ist die Scheibe hier.
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