Triggerwarnung: Ox #168

Ich setze mich ja mit dem Ox immer hin und klopfe mittels der digitalen Plattformen dieser Welt die dargebotenen Künstler auf Hörbarkeit sowie Brauchbarkeit zur sinnvollen Erweiterung des eigenen musikalischen Horizonts ab. Vor diesem Hintergrund muss ich sagen: musikalisch wohl die uninteressanteste Ausgabe seit langem. Da kann das Ox natürlich wenig dafür, denn es deckt ja, systemisch bedingt, regelmäßig die Neuerscheinungen repräsentativ ab. Topthema sind diesmal THE DAMNED, deren Interview für mich als Gelegenheitshörer interessant ist, denn Haltung und Herangehensweise dieser Jungs sind doch eine gute Blaupause für das Altern in Würde. Die DAYGLO ABORTIONS erklären am Stück, warum sie sich selber treu bleiben und wie sie ihre Punkhaltung über all die Jahre verteidigen. Klingt langweilig, ist aber sehr lesenswert, wie sie selbstgerechte Attacken immer noch souverän abwehren. Interviews mit netten Leuten, die schreckliche Musik machen, gibt es von OLD VIRUS, WAU MIAU und ULI SAILOR. Interessant wird es abseits der Musik: Da ist eine Interview mit dem Nachlassverwalter des pardon Magazins Till Kaposty-Bliss, das wirklich nochmal bewusst macht, dass es Zeiten gab, in denen es Mut brauchte, um Grenzen zu überschreiten. Das Drama um die Schließung des AZ Wuppertal zu Gunsten des totalitären Religionsvereins DITIB wird im Interview mit dem Blogger Schmalle nochmal sehr deutlich herausgearbeitet. Über Festivals habe ich ja alles Relevante im Plastic Bomb Review gesagt. Ich persönlich werde natürlich nur das Ruhrpott Rodeo besuchen, um meine Meinung zu bestätigen und damit auch gleichzeitig alle anderen im Ox beworbenen Festivals gesehen zu haben. Dass es einiges zu tun gibt, um die Festivals nachhaltiger zu machen, ist natürlich klar. Die Berliner Agentur THE CHANGENCY hat sich dies zur Aufgabe gemacht und erklärt es im Interview. Da gehe ich natürlich mit, aber wenn ich mir das gemeine Festivalpublikum so anschaue, übernimmt in mir der ästhetische  Misanthrop die Kontrolle. Apropos Ästhetik: Klein aber fein wird kurz eines der wirklich wichtigen Themen angerissen. Und zwar das der Gesichtsbehaarung. Bartträger waren schließlich völlig zu recht immer ausgegrenzt. Wozu übermäßiger Bartwuchs führt, ist an dem Wildwuchs schlechter Musik deutlich zu erkennen. Und ich frage mich, warum das nicht mal wissenschaftlich untersucht wird. Stattdessen wuseln die zwei Wissenschaftler*innen und Herausgeber*innen des Sammelbandes „Hardcore Research: Punk, Practice, Politics“ in Sekundärquellen herum. Haben die denn nie das Höhlengleichnis gelesen? Anyway, amüsant, dass für das Fischen im trüben Wasser der eigenen Blase Doktortitel verschenkt werden.

Das wie immer gemischte Fazit hebt natürlich den Daumen für die Themen im Heft, die fernab von Veröffentlichungsterminen gesetzt wurden, denn sowohl über die Nachhaltigkeit, als auch das Verhältnis zur Religion und Bärten liefert das Ox gute Debattenbeiträge. Das Abo gibt es hier.

Ersten Kommentar schreiben

Antworten

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.


*