Leben in der Selbstmordstadt vs Acoustic Sessions
Zwei schöne Episoden unterschiedlicher Musik hier im Vergleich. Und wenn es auch manchmal anders klingt, ich mag beide Platten sehr. KUPFERWERK GOLD sind die Backing Band von Jeff Dahl. Und da Jeff es aus verschiedensten Gründen derzeit nicht über den Teich schaffte, haben sie einfach einige JEFF DAHL Songs eingedeutscht. Und das funktioniert erstaunlich gut. So gibt es beispielsweise einen sentimentalen Abgesang auf das DJAZZ und die verwüstete Duisburger Kulturlandschaft. Das sitzt! Deutsche Texte macht Zepp schließlich schon seit ein paar Jahren mit seinem Soloprojekt OBERPICHLER und klingt auch mal so: „Du wirst geboren, um frei zu sein / Glaubst du das selber oder bildest du es dir ein?“. Aber es landet auch schon mal im Graben, wie in „Hoch die Tassen“, das trotz der Replik auf Eisenpimmels „Ass im Ärmel“ eher an Kasalla „Alle Jläser huh“ erinnert. In Summe hören sich aber KUPFERWERK GOLD an wie die deutschsprachige Ausgabe von JIMMY KEITH. Rein musikalisch knallt das also ziemlich gut. Da gibt es halt auch mal die geballte Ladung „Oi! The Ruhrpott-Romantik“ und ich frage mich, ist das jetzt ein Augenzwinkern oder krisse dat nur nicht raus? Zepp ist schließlich Zepp und enttäuscht nicht. Und da kann man meckern, wie man will, die Melodien bleiben im Ohr. Gerne auch, wenn mich das Kopfkino nach der senilen Bettflucht nicht in den Schlaf zurücklässt. Das größte Ohrwurmpotential hat sicher das Oh-Oh-Oh-Gewitter „Wimpernschlag“. Den titelgebenden Track „Selbstmordstadt“ und „Djazz Party“ mag ich wegen des Duisburg-Bezugs auch sehr, „Lisas Welt“ ist natürlich ein Kracher. Dass dem Punkrockfuhrpark nach dem Kadett B nun auch ein Opel 1900 C zugeführt wird, hätte die Marketingabteilung des Rüsselsheimer Autobauers auch sehr gefreut. 12 Songs gepflegter Eskapismus sind das Rezept von Kupferwerk Gold, um in den Selbstmordstädten dieser Erde zu überleben. Und mit HULK RÄCKORZ fand sich natürlich auch das Punkrocklabel von Basser Fratz (Das mit dem Singen lassen wir aber lieber!), diese Botschaften in die Welt zu tragen.
Die Splitplatte von RED LONDON und FATAL BLOW schlägt sogar nochmal heftiger in die gleiche Kerbe. Akustische Versionen einiger Hits lassen die Texte halt nicht hinter einer verstärkten Gitarrenwand verschwinden. All der Pathos und die Schlichtheit liegen, auch in englischer Sprache verständlich, im Fokus. Gefühlt 1000 Hobbits singen da bei RED LONDON im Chor mit. Das macht was mit einem: Vor allem wenn man die Songs ebenfalls nicht aus dem Ohr kriegt. Vielleicht muss ich einfach zugeben, dass ich die Gesellschaft dieser Bands mag und gedanklich mit ihnen bis weit über die Kopfschmerzgrenze trinken will. Auch hier gibt es nichts Böses zu entdecken. Das Weltbild ist schwarz/weiß, die Guten die Skinheads und die Zeiten früher super. Warum auch nicht? Ich höre auch diese Platte ziemlich oft, was sicher an den FATAL BLOW-Songs liegt, die sowas von schöner Working Class Romantik versprühen, dass ich mich dem schwer entziehen kann. Gibt es beim verrückten Metzger.
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