OX-Fanzine #176 oder “warum man mit der Zeit GEHEN sollte”

OX-Ausgabe Nr. 176. Nachdem Swen bereits beim Anlesen der ersten Artikel in die Kapitulation ging, erklärte ich mich bereit, das Review zu übernehmen. “So schlimm kann es ja nicht sein”, dachte ich. 

Doch da lag ich falsch. Die erwartbare Titelstory mit der australischen Band AMYL & THE SNIFFERS förderte absolut nichts zu Tage, was ich von der Band nicht schon woanders gehört hatte oder ansonsten großartig hervorstach. 

Der von mir immer geschätzte JELLO BIAFRA gab ein für mich verstörendes Bild ab. Natürlich wurde er zum aktuellen Geschehen in der US-Politik befragt. Der Mann hinterfragt viel und ergründet alles anscheinend bis in den letzten Winkel, so dass es für ihn außer Lüge und Manipulation nichts mehr zu geben scheint. Ich frage mich, ob so ein (vermeintliches) Wissen nicht zur Belastung wird, durchaus psychischer Natur. Ich bin gespannt, ob seine harte Haltung zu Israel hier populär wird. 

Etwas Sonne ins Gemüt brachte literally der Tourbericht der DEAD DATES aus Düsseldorf in der Karibik. So etwas gönne ich doch jeder noch so kleinen Band. 

Das Interview mit dem Sänger von DRUG CHURCH fand ich leicht amüsant, da die Band zur Zeit von allen relevanten Magazinen befragt wird und der Gesprächsverlauf stets sehr ähnlich verläuft (oder schreiben die voneinander ab?). Es gibt hinter den Texten der Band einfach kein Geheimnis, was es zu lüften gibt, und dies stellt der Sänger Patrick Kindlon jedes Mal mit brutaler Bescheidenheit klar.

Die Artikel, die keine Band-Interviews darstellen, sind für mich nach wie vor ansprechender, wie zum Beispiel der Bericht zur Lage der Clubszene. 

Die Masse an Reviews wird dem zu erwartenden Service beim OX gerecht, wobei ich bei vielen guten Bewertungen kein Verständnis aufbringen kann. 

Die Ausgabe brachte insgesamt viel Unmut in mir auf, doch ich will nicht auf Heft und Bands zeigen, da Motzen a) zu leicht wäre und b) nicht anständig ist. Denn der “Fehler” liegt bei mir. Dem inneren Ruf der Loyalität “zur Sache” folgend, beschäftige ich mich noch immer mit Dingen der “Szene”, die mich entweder komplett langweilen oder sogar richtig ankotzen, z.B. die Mehrheit Bands im Punk-Genre (oder was sich so nennt). Punk kam vor langer Zeit, aber es ist keine Schande, wenn er auch wieder geht. In der heutigen Zeit kann ich mit dem Habitus dieser Subkultur nichts mehr anfangen, für mich schießt sie meilenweit am Zeitgeist vorbei und hat auch keine progressiven Impulse mehr.

Wie gesagt, es macht keiner was falsch, wenn er noch mit Begeisterung an der Szene teilnimmt. An der richtigen Stelle bin ich nicht mehr. Vielleicht sollte ich für mich jetzt die Reißleine ziehen, bevor ich mich auf irgendwelchen Butterfahrten der Nostalgie wiederfinde.